Globale Perspektiven: Geschichtswissenschaft im 21. Jahrhundert (Kölner Vorträge zur Neueren u. Neuesten Geschichte)

Globale Perspektiven: Geschichtswissenschaft im 21. Jahrhundert (Kölner Vorträge zur Neueren u. Neuesten Geschichte)

Organizer
Prof. Dr. Jost Dülffer, Prof. Dr. Ralph Jessen, Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze, Prof. Dr. Hans-Peter Ullmann, Prof. Dr. Jakob Vogel
Venue
Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, Hauptgebäude, Hörsaal V
Location
Köln
Country
Germany
From - Until
14.04.2008 - 07.07.2008
By
Manuel Borutta

Die Geschichtswissenschaft steht vor großen Herausforderungen: Der Prozess der Globalisierung ermöglicht und erfordert neue Formen historischer Erklärung und Erzählung jenseits des Eurozentrismus. Die lange Zeit verdrängte europäische Kolonialgeschichte ist wieder verstärkt in den Blick gerückt und hat die Agenda historischer Forschung verändert. Neue Ansätze und Perspektiven postkolonialer Theorie und transnationaler Geschichtsschreibung stellen vertraute Kategorien historischer Analyse infrage. Historiker und Historikerinnen aus vier Ländern skizzieren angesichts dieser vielfältigen Herausforderungen die Aufgaben, Chancen und Perspektiven einer Geschichtswissenschaft im 21. Jahrhundert.

Programm

Montag, 14.4.2008, 17:45-19:15

Akira Iriye, Charles Warren Research Professor of American History, Harvard University

Global governance in a Transnational Age: Order and Disorder in the post-Cold War World

Global governance, i.e. the establishment of some order in the world, was for a long time (most notably during 1870-1970) a product of international relations. Nations developed some scheme for order through geopolitical arrangements (including alliances and empires) or through international law and institutions. There also existed transnational, as opposed to international, actors in the drama, such as technology, goods, and capital, as well as non-state actors including non-governmental organizations. But these transnational actors were not sufficiently powerful to develop a world order apart from that defined by nations. This began to change in the 1970s, however, and in today’s world global economic and technological forces as well as non-governmental organizations play increasingly significant roles. What remains to be seen is how non-state and transnational entities like religions, ethnic groups, and the natural environment will affect the shape of the world in the twenty-first century.

Moderation: Prof. Dr. Jost Dülffer (Köln)

Montag, 19.5.2008, 17:45-19:15

Dirk Moses, Senior Lecturer, University of Sydney

Empire, Kolonie, Genozid: Ein neuer Kontext für den Holocaust?

Im Zuge der neuen Aufmerksamkeit für die Kolonialgeschichte wird seit einigen Jahren verstärkt nach den kolonialen Wurzeln des Holocaust gefragt. Diese Sichtweise ist keineswegs neu; sie wurde bereits Mitte der 1940er Jahre vertreten, als europäische Exilanten und nichteuropäische Intellektuelle das NS-Regime regelmäßig als extreme Form des Imperialismus deuteten. In der gegenwärtigen Debatte geht es vor allem darum, ob ein Erklärungsansatz, der den Holocaust als ‚kolonialen Genozid’ fasst, auch dessen spezifisch antisemitischer Dimension gerecht werden kann. Der Vortrag nähert sich diesem Problem mit einer begriffsgeschichtlichen Analyse der Schlüsselwörter „Imperium“, „Kolonie“, „Genozid“. Und er prüft, inwiefern sich die transnationale Perspektive vielleicht dennoch dazu eignen könnte, den Holocaust in der Geschichte des europäischen Kolonialismus einzubetten.

Moderation: Prof. Dr. Norbert Finzsch (Köln)

Montag, 16.6.2008, 17:45-19:15

Catherine Coquery-Vidrovitch, Prof. emerité, Université Paris VII-Denis Diderot

The Challenge and Denial of Postcolonialism: History, Memory and Politics in France

Seit einigen Jahren wird in der französischen Geschichtswissenschaft zum Teil leidenschaftlich über die Bedeutung und Rolle postkolonialer Ansätze gestritten. Diese Diskussion hat ebenfalls die Afrikanische Geschichte erfasst, die seit ihren Anfängen in den späten 1960er Jahren zunächst stark durch wirtschafts- und sozialgeschichtliche Ansätze sowie klassisch anthropologische Arbeiten gekennzeichnet war. Eine weitere Herausforderung für das Fach ergibt sich aktuell aber auch durch die heftigen Debatten, die in Frankreich wie in der frankophonen Welt um die Rolle der Sklaverei und die Erinnerung an den Kolonialismus geführt werden.

Moderation: Prof. Dr. Jakob Vogel (Köln)

Montag, 7.7.2008, 17:45-1915

Ulrike Freitag, Direktorin am Zentrum Moderner Orient Berlin und Professorin für Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin

Die Provinzialisierung Europas: Die neuere Stadtgeschichte von Jidda als Spiegel des muslimischen Universums

Um Europa zu provinizialisieren, wie es Dipesh Chakrabarty gefordert hat, eignet sich die versuchsweise Annahme eines anderen regionalen und kulturellen Blickwinkels besonders. Die Stadt Jidda, als Hafen am Roten Meer ein wichtiger Handelsstützpunkt im Verkehr zwischen dem Mittelmeerraum und dem Indischen Ozean, eignet sich hierfür besonders, ist sie doch zusätzlich seit langem das "Tor nach Mekka", und damit jährlich Durchgangsstation für viele Tausend bis Millionen Pilger. Eine Betrachtung ihrer Geschichte - hier mit Schwerpunkt auf dem 19. und frühen 20.Jahrhundert - zeigt einen Mikrokosmos, der geographisch wie kulturell Europa und Europäer provinzialisiert, andere Formen der Verflechtung als die imperiale in den Vordergrund rückt und die Globalisierungsschübe des 19. Jahrhunderts in ungewohnter Weise fokussiert.

Moderation: Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze (Köln)

Contact (announcement)

Dr. des. Manuel Borutta
Universität zu Köln
Philosophische Fakultät
Historisches Seminar I
Abt. Mittlere und Neuere Geschichte
Albertus-Magnus-Platz
D-50923 Köln
+49(0)221-4705-247
+49(0)221-4705-148
manuel.borutta@uni-koeln.de

http://www.uni-koeln.de/phil-fak/histsem/aktuelles/koelner_vortraege